Sonntag, 27. Oktober 2013

Warum Singen gesund ist

Schon seit Urzeiten haben Menschen die Erfahrung gemacht, dass Singen sich positiv auf ihre körper-liche, seelische und geistige Gesundheit auswirkt. Neueren Datums sind die natur-wissenschaftlichen Studien, welche die gesundheitsfördernde Wirkung des Singens belegen. Hier folgen die wichtigsten Foschungsergebnisse:


  • Singen vertieft die Atmung: Beim Singen wird unsere Zwerchfell-Atmung aktiviert. Die Ein- und Ausatmung vertieft sich. Die Folge ist eine erhöhte Sauerstoffsättigung des Blutes und damit eine bessere Sauerstoffversorgung sämtlicher Körperzellen. Durch die aktive Atemgestaltung wird die Lungenfunktion gestärkt, durch das Heben und Senken des Zwerchfells die Darmtätigkeit angeregt.

  • Singen trainiert Muskeln: Beim Singen sind ein weitendes Gefühl und raumgebende Flexibilität erwünscht. Flexibilisiert werden Muskelgruppen des gesamten orofacialen Bereichs. Das Singen unterbricht - durch Tonhöhenwechsel, Lautstärkenveränderung, präzise Artikulation und sich öffnende Resonanzräume - gewohnte Sprech- und Bewegungsmuster und aktiviert die mimische Muskulatur. Körperlich aktives Singen fördert die ganzkörperliche Aufrichtung über eine aktivere Atmung.

  • Singen stärkt Herz und Kreislauf: Das Singen senkt den Blutdruck und die Herz­frequenz und fördert die Durchblutung des ganzen Körpers und v.a. des Gehirns. Die Herzratenvariabilität – ein wichtiges Kriterium für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Herzens – wird wie bei Dauerläufern gesteigert.
 
  • Singen regt den Stoffwechsel an: Ein gut funktionierender Stoffwechsel versorgt jede Körperzelle mit all den Nährstoffen, die sie braucht, und baut ungesunde Stoffwechselschlacken leichter ab.




  • Singen beeinflusst die Hormonausschüttung: Beim Singen von Lieblings­liedern kommt es zu einer verstärkten Ausschüttung der Botenstoffe Serotonin, Noradrenalin und Beta-Endorphine, was die Singenden in eine gehobene Stimmung versetzt und das Angst- und Schmerzerleben reduziert. Die Selbst- und Weltwahrnehmung wird dadurch vermehrt in Richtung Optimismus, Hoffnung, Zuversicht und Tatkraft gelenkt. Forschungen der Endokrinolo­gie haben zudem gezeigt, dass der Gehalt des „Liebeshormons“ Oxytocin im Blut bereits nach 20 bis 30 Minuten des Singens markant erhöht ist. Oxytocin verstärkt – z.B. beim Gebären, Stillen oder Sex – die Bindung zwischen Menschen, indem es eine Atmosphäre von Liebe, Verbundenheit und Vertrauen entfacht. Zudem senkt es den Spiegel des „Stresshormons“ Cortisol und wirkt auf diese Weise beruhigend und angstlösend. Auch die Ausschüttung des aggressionsfördernden Testosterons wird durch das Singen gehemmt. Singende Menschen produzieren so gesehen ihre eigenen - natürlichen - Antidepressiva.

  • Singen aktiviert neuronale Systeme: Wenn uns die Musik beim Singen berührt, werden dieselben neuronalen Systeme aktiviert, die sonst nur auf Stimuli wie Sex, Schokolade und Rauschdrogen reagieren, besagen die neusten Ergebnisse der Hirnforschung. Bei diesem „Gänsehauterleben“ wird das gehirneigene Belohnungssystem aktiviert, das den Neurotransmitter Dopamin und körpereigene Opiate ausschüttet. Gleichzeitig wird die Aktivierung von Hirnzentren, die mit Angsterleben und unangenehmen Erfahrungen in Verbindung stehen (z.B. Mandelkerne), gehemmt.



  • Singen beeinflusst das vegetative Nervensystem: Die Wirkung kann sowohl beruhigend als auch anregend sein. Besonders das Singen einfacher Lieder ohne Noten (z.B. Mantras) führt zu einer Verlangsamung der Atmung und kann eine Ent­spannungs­reaktion („Relaxation Response“) auslösen, bei der die Gehirnwellen vom normalen schnellen Beta-Rhythmus in den Alpha-Bereich absinken und der Parasympathikus aktiviert wird. Der Strom der Alltagsgedanken wird dadurch unterbrochen und die Singen­den kommen in „flow“, erleben ein stresslösendes Sich-Selbst-Vergessen und Aufgehen in der Handlung. In diesem Zustand des Fliessen verringert sich innerpsychisches Chaos und Freude und Zufriedenheit stellen sich ein.

  • Singen kann Körperrhythmen synchronisieren: Die in der Musik und im Gesang enthaltenen Zeitmuster können tiefgreifen­de Resonanzphänomene im Körper auslösen und blockierte Rhyth­men wieder in Gang bringen. Besondere Formen des Singens (v.a. Mantras und Formen des Tönens) können Körperrhythmen synchronisieren, was dem Körper Erholung und Stressabbau ermög­licht. Die Synchronisationswirkungen – u.a. zurückzu-führen auf die gesteigerte Produktion von Melatonin – können sich auf das gesamte rhythmische System des Körpers ausbreiten, regulierend auf den Schlaf-Wach-Rhythmus einwirken und die sogenannte „Herzko­hä­renz“ – ein äusserst gesundheits­fördern­der Erholungszustand – herbeiführen.

  • Singen stärkt das Immunsystem: Bereits nach kurzer Zeit des Singens erhöht sich die Konzentration des Antikörpers Immunglobu­lin A im Speichel deutlich (um bis zu 240%), wie zwei Studien bei Chorsänger/innen belegen. Immun­globulin A sitzt an den Schleim­häuten des Körpers und macht Krankheitserreger und Allergene beim Eindringen in den Körper unschädlich. Die durch das Singen gesteigerte Produktion von Melatonin sorgt für den Abbau von freien Radikalen und trägt so zur Krebsvorsorge bei.


Menschen, die in ihrem Alltag regelmässig singen, sind - so die Forschungsergebnisse des Musikpsychologen Karl Adamek - lebenszufriedener, ausgeglichener und zuversichtlicher. Zudem sind sie laut Adamek psychisch belastbarer, haben ein grösseres Selbstvertrauen und verhalten sich im Durchschnitt sozial verantwortlicher und hilfsbereiter. Welche Auswirkungen das Singen auf die seelische und geistige Gesundheit des Menschen haben kann, davon wird hier später - im Detail - die Rede sein.





Quellen:

ADAMEK Karl: Gesundheitserreger Singen. In: CO’med Heft 12. Jg. 2003, S. 50-53. Sowie weitere Veröffentlichungen auf: www.karladamek.de

BIEGL Thomas, Glückling singen – singend glücklich? Serotonin, Noradrenalin, Adrenalin, Dopamin und Beta-Endorphin als psycho­physiologische Indikatoren. Diplomarbeit, Fakultät für Psychologie der Universität Wien, 2004

BIELICKE Sebastian, Singen und Gesundheit – Warum ein Chor Ihnen einfach gut tut. Thesenpapier zum Vortrag am 19.05.2011, Heidbarghof, Hamburg

BOSSINGER Wolfgang, Singen heilt. In: Zeitschrift „Psychologie heute“, 01/2007.

BOSSINGER Wolfgang, Singen als Medizin für Individuum und Gesellschaft. In: „Chorjournal des Steirischen Sängerbundes“, Frühling 2005

BOSSINGER Wolfgang und HEIM Sonja, Heilsames Singen – Balsam für Körper und Seele. In: Zeitschrift „Die Schwester – Der Pfleger“, Heft Nr. 03/2012, S. 244-247

FEINBIER Hagara, Über das Singen. Auf: https://come-together-songs.de

Diverse Artikel zum Thema Singen und Gesundheit auf: www.healingssongs.de
        






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